Für mich sind Japanische Gärten dreidimensionale Bilder von subtiler Schönheit. Ihr Hintergrund ist ursprünglich spiritueller Natur. Geprägt sind sie vor allem vom Shintoismus und dem Buddhismus, der vermutlich ab dem 5. Jahrhundert n. Chr. aus China über Korea schliesslich Japan erreicht hat. Erst im 12. Jahrhundert gelangte eine besondere buddhistische Strömung aus Indien über China nach Japan – der Zen-Buddhismus, der mit die schönsten und berühmtesten Gärten Japans hervorgebracht hat: der sogenannte Zengarten oder Trockensteingarten (Kare-san-sui; jap. 枯山水, dt. „trockene Landschaft“ bzw. 涸山水 „ausgetrocknete Landschaft“. Der Riyoan-ji in Kyoto ist der bekannteste dieser Gärten.
Japanische Gärten gestaltet von Terza Natura
In den folgenden Bildern sehen Sie meine eigenen Gestaltungen – meine persönliche Auseinandersetzung mit dem „Fernöstlichen“: vordergründig ist es Japan mit seinen Gärten und Landschaften, das mich gestalterisch inspiriert, aber am Ende gleichermassen wichtig erachte ich für mich chinesische Landschaften, welche aus meiner Sicht der Ursprung von verschiedenen fernöstlichen Kunstrichtungen sind. (Zwei Clips dazu: Shan Shui – Cathedrals in China Shan Shui in the World) (Fortsetzung des Texts unter den Bildern)
Naturalismus im Japanischen Garten
„Der wichtigste Grundsatz der japanischen Gartenkultur der bereits seit der Heian-Zeit (794-1185) galt, verlangte, dass der Garten der Natur folgte, dass er mit den Naturkräften und ihren Einflüssen in Übereinstimmung sein musste und deren Gleichgewicht nicht stören durfte (Hrdlicka, 1981 in Japanische Gartenkunst, Artia-Verlag, Prag).
Neben den japanischen Wandelgärten sind es vor allem die Zen-Gärten, welche weltberühmt wurden und uns auch im Westen als zeitlose abstrakte Kunstwerke und wegen ihres spirituellen Gehalts faszinieren. Inspirieren liessen sich die Japaner von der sie umgebenden Natur – ihren eigenen wunderschönen Gebirgs- oder auch Küstenlandschaften, die sie dann in ihren Gärten in Miniaturform versuchten abzubilden und ihre Essenz wiederzugeben. Im Zentrum stehen dabei der „Berg“ – einerseits der Mount Fuji, andererseits der mythische Berg Horai – und die „Insel“, die als Elemente im japanischen Garten immer wieder auftauchen. Entsprechend hat auch der Stein in diesem Gartentypus eine überaus grosse Bedeutung. Die Japaner suchen ihrer perfektionistischen Neigung gemäss nach Steinen mit ausserordentlicher Ausstrahlung – diese zeichnen sich durch ihre spezielle Form oder auch ihre besondere Oberfläche aus. Zentral ist dann aber die Platzierung der Steine im Garten. Oft werden sie aufrecht gestellt und ziehen schon nur deswegen die Aufmerksamkeit des Betrachters auf sich.
Pflanzenarten in Japanischen Gärten
Auch die Pflanzenwelt in diesen Gärten ist sehr charakteristisch: es sind einerseits Pflanzen, die in jeder Jahreszeit ein anderes, im Herbst gar ein sehr buntes Farbenkleid zeigen (z.B. der japanische Fächerahorn, acer palmatum) oder immergrüne Pflanzen, die gerade im Winter den Garten nicht kahl und trostlos wirken lassen (z.B. die japanische Azalee). Keine andere Kultur feiert übers Jahr verschiedene Pflanzenarten so sehr, wie die Japaner dies tun: das Kirschblütenfest im Frühling, wenig später die Iris Festivals im Mai und natürlich im Herbst das Fest des Ahorns in seiner leuchtenden Pracht (z.B. das Arashiyama Momiji Festival ausserhalb von Kyoto), ob in Gärten oder auch in der wilden Natur. Neben den Trockensteingärten sind die vielleicht noch mystischeren Gärten die Moosgärten wie z.B. der „Kokedera“, der im östlichen Bereich des Saiho-ji-Tempels bei Kyoto liegt. Moosgärten gedeihen in Japan nur deshalb so gut, weil die Luftfeuchtigkeit, gerade auch im Sommer, sehr hoch ausfällt.
Fusion – wie sich Japan und der Westen gegenseitig befruchten und inspirieren
Wenn wir heute von Fusion in der Kunst sprechen, dann denken wir vielleicht an die japanische Küche, die nicht davor zurückschreckt, Elemente aus der italienischen oder französischen Küche in ihrem eigenen Stil zu integrieren. Dasselbe gilt natürlich auch umgekehrt – französische Köche, die sich von der chinesischen oder japanischen Küche inspirieren lassen. Fusion als ein Aspekt in der Kunst, zwischen Stilen nicht mehr klare Grenzen zu ziehen und Fremdes in das Eigene aufzunehmen, war bereits vor hunderten von Jahren gang und gäbe, was immer wieder neue Stile entstehen liess. Und heute ist Fusion durch die Globalisierung zum Alltag geworden.
Die Japaner haben immer weniger Probleme, selbst im Garten ihr eigenes kulturelles Erbe mit unserem zu durchmischen – also Gartenstile über Kontinente hinweg zu vermengen und etwas Neues entstehen zu lassen. Wir Europäer tun natürlich genau dasselbe. Besonders beliebt ist, was wir als „japanisch“ empfinden, und so entstehen bei uns Gärten, die vielleicht nicht immer als „japanisch“ aber auf jeden Fall als „fernöstlich“ inspiriert beschrieben werden können.
Japanische Küche vs Japanische Gärten
Der folgende Aspekt ist für den japanischen Garten grundsätzlich wichtig, wird aber von vielen Japanern tendenziell verleugnet, was aus geschichtlichen Gründen auch verständlich ist. Über die vergangenen 1500 Jahre wurde die japanische Kultur – insbesondere der Garten – phasenweise sehr stark von der chinesischen Kultur beeinflusst. Von aussen wage ich zu sagen – ohne China ist Japan mit seiner ganzen Raffinesse undenkbar. Japaner kopieren genial, machen dann aber immer etwas ganz Neues und Eigenes daraus. Nie ist es billig, sondern eher das Gegenteil – noch perfekter als im Ursprungsland. Ein ideales Beispiel dafür war ein Erlebnis meines Bruders: er ass aus seiner Sicht das perfekte französische Croissant in einem Hotel in Tokyo, besser als er es je in Frankreich bekommen hatte. Dies ist natürlich eine sehr subjektive Erfahrung, objektiver lässt sich dies anhand der Menge an Michelin-Sterne-Restaurants weltweit zeigen. Nirgends ist die Anzahl grösser als in Tokyo. Gesamthaft 225 Restaurants teilen sich 304 Sterne. An zweiter Stelle steht Kyoto, die Gartenstadt schlechthin, mit 135 Sternen, und auf dem dritten Platz kommt dann die Stadt Paris, die hinsichtlich Gärten während Jahrhunderten tonangebend war, mit 134 Sternen (Stand: Juli 2017). Interessant bei diesem Vergleich ist, dass Städte und Länder mit einer ausgezeichneten Küche auch bezüglich Gärten absolute Feinschmecker sind. Entsprechend stehen Tokyo, Kyoto und Paris hinsichtlich Gartenanlagen – vor allem auch gartenhistorisch – ebenfalls an der Spitze.