Einen kleinen König nennt man ihn, den Basilisken, abstammend vom griechischen Wort „basiliskos“ oder lateinisch „regulus“. Als ein mystisches Tier mit dem Kopf eines Hahns und dem Körper einer Schlange wurde er zum König der Schlangen erkoren.
Jahre ist es her, als ich auf der letzten Seite in einem Buch über Reptilien dieses faszinierende Tier ein erstes Mal entdeckte. In jenem Fall war es der zu den Leguanen und aus Costa Rica stammende Stirnlappenbasilisk (basiliscus plumifrons), dessen Anblick mich damals beinahe zu Stein werden liess. Genau diese Eigenschaft, nämlich mit seinem Blick versteinern und töten zu können, sagt man ja auch den Basilisken aus der Fabelwelt nach. Bei mir war dies nur beinahe der Fall, nämlich nur während wenigen Sekunden, bis meine Schockstarre nachliess und mir endgültig klar wurde, dass ich dieses Tier unbedingt haben musste.
Die Männchen tragen zwei Hautlappen auf dem Kopf, je einen wunderschönen Kamm auf dem Rücken und dem Schwanz. Dies macht sie zu Tieren, die unsere Imagination natürlich ganz stark beflügeln, meine wurde jedenfalls in eine unglaubliche Aufruhr versetzt, bis ich dann nach vielen Wochen ungeduldigen Wartens endlich ein solches Tier mein Eigen nennen konnte. Alles, was ich in Märchen und Sagen je über Drachen, Chimären und andere Ungeheuer gelesen habe, es wurde mit dieser Echse in meine Wirklichkeit transferiert. Wenn ich meinen Basilisken jeweils betrachtete, befand ich mich immer in einer Art Grenzgebiet zwischen Märchen und Realität. Nur schon seine leuchtend gelben Augen hatten auf mich eine ausserordentlich hypnotische Wirkung. Dann dieses helle Grün und die hellblauen Punkte auf seinen Flanken – zusammen mit seinen „Drachenkämmen“ – liessen sie ihn für mich zu etwas werden, was ich eigentlich gar nicht mehr in Worte fassen konnte.
Die Legende
Nach der Legende muss das Ei eines Hahnes von einer Schlange ausgebrütet werden, nur so kann ein Basilisk geboren werden. Neben seinen „Medusen-Augen“ besitzt er natürlich auch ein Gift, das scheinbar jeden, der mit diesem in Berührung kommt, sofort tötet. Im Vergleich zu den klassischen Drachen, sind die Basilisken aber offenbar nicht in der Lage, Feuer zu speien, meiner jedenfalls, soweit ich mich erinnere, konnte dies nie!
Die aus Mittelamerika stammenden Basilisken – neben dem Stirnlappenbasiliken findet man dort auch noch den Helm – und den Streifenbasilisken – sind auch fähig, dem Messias gleich über’s Wasser zu schweben, besser gesagt: sie müssen über‘s Wasser rennen, denn trotz ihres wundersamen Aussehens unterliegen sie natürlich auch immer noch der Schwerkraft. Diese würde sie, wären sie nicht grundsätzlich sehr schnell, aerodynamisch gebaut und zusätzlich mit Schwimmhäuten ausgestattet, erbarmungslos unter’s Wasser ziehen. So werden diese Echsen aus gutem Grunde im englischen Sprachraum auch „Jesus Lizards“ genannt.
Meine Basilisken – mit der Zeit habe ich mir natürlich noch weitere dazu gekauft – waren alle sehr hektische Tiere, teilweise auch aggressiv und bissig, natürlich nur das Weibchen – ich hoffe, man verzeiht’s mir, den Seitenhieb konnte ich mir einfach nicht verkneifen, aber es hat sich tatsächlich so zugetragen. Man glaubt‘s nicht, doch man kann auch bei Echsen immer wieder zickiges Verhalten beobachten.
Der Basilisk in Harry Potter – Stein der Weisen
Harry Potter-Leser erinnern sich wahrscheinlich an jenen Roman mit dem Stein der Weisen, auch dort trifft man ja auf ein solches Mischwesen, in jenem Fall etwas zwischen einem Drachen und einer monströsen Riesenschlange. Interessanterweise steht in der Alchemie, die sprachlich stark in Allegorien gefasst ist, der Basilisk für den Stein der Weisen, welcher den sagenumwobenen Berichten nach jene mystische Substanz darstellt, die in der Lage ist, unreines Metall wie Blei oder Quecksilber in reines Metall wie Gold oder Silber umzuwandeln.
Ich hatte natürlich immer meine Ambitionen, als Drachentöter in die Geschichte einzugehen und dieses Tier brachte mich mindestens in meiner Fantasie – ähnlich wie Alphonse Daudets Tartarin von Tarascon, der von der grossen Löwenjagd in Afrika fabuliert und geträumt hatte – dieser Möglichkeit unglaublich nahe. Natürlich habe ich nie ernsthaft darüber nachgedacht, je ein solche Heldentat auszuführen, was immer man sich auch darunter vorstellen mag.
Doch eines Tages im Sommer, ich spazierte also unbeschwert mit dem älteren Männchen Achilles im Garten herum, bis es sich mit einer schnellen Bewegung aus der sichernden Umklammerung meiner Hand befreien konnte und auf den Hinterbeinen rasendschnell auf den nahen Teich zurannte, in jenem untertauchte und vorläufig entschwunden blieb. In den folgenden Tagen war die ganze Familie Fischer immer wieder während Stunden damit beschäftigt, natürlich nicht nach ihm zu rufen, sondern lediglich nach ihm zu suchen. Ungefähr eine Woche später verriet der Basilisk überraschend durch lautes Rascheln seine Anwesenheit an einem ganz anderen Ort im Garten, und es gelang mir nach einem heldenhaften Zweikampf – zuerst wollte ich ihn ja schon zur Strecke bringen, doch ich besann mich eines Besseren, liess ihn gnädigst am Leben und habe ihn, in Fesseln gelegt, wieder als Gefangener in seinen Käfig zurück gebracht. So wurde ich leider doch noch nicht zum grossen Drachentöter, aber immerhin zum erleichterten Drachenfänger – ein wirklich bewusstseinserweiterndes Erlebnis!
Miriam meint
Der Basilisk in Harry Potter ist im Buch „Die Kammer des Schreckens“. Ist ja spannend, dass es dadurch auch eine Verbindung zum ersten Buch gibt!